Das Schachbrett des Teufels: Dia CIA, Allen Dulles und der Aufstieg Amerikas heimlicher Regierung (German Edition) by David Talbot

Das Schachbrett des Teufels: Dia CIA, Allen Dulles und der Aufstieg Amerikas heimlicher Regierung (German Edition) by David Talbot

Autor:David Talbot [Talbot, David]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Westend Verlag
veröffentlicht: 2016-09-02T00:00:00+00:00


Zwei Wochen, nachdem Fidel Castro aus dem Hotel Theresa ausgecheckt war, erschien ein anderes junges Kraftpaket im Hotel. Am Nachmittag des 12. Oktober 1960 führte John F. Kennedy seinen Präsidentschaftswahlkampf nach Harlem, wo er von einer vor dem Hotel errichteten Plattform vor einer großen Menge sprach. Kennedy war sich durchaus bewusst, dass Castro das Harlemer Hotel gerade ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit gehoben hatte. Er war fasziniert von dem charismatischen Kubaner, dessen Biografie einige Ähnlichkeit mit seiner eigenen aufwies. Beide Männer waren Sprösslinge katholischer Immigrantenfamilien, die sich zu Reichtum und Erfolg hochgearbeitet hatten (Castros Vater war aus Spanien immigriert); beide waren die zweiten Söhne geschäftstüchtiger Väter und frommer Mütter; beide waren an Eliteschulen erzogen worden; und beide hatten ihr Klassenprivileg zurückgewiesen und sich der Verbesserung des Lebens der weniger Glücklichen und der Transformation ihrer Länder in Leuchttürme des Wandels verschrieben.

Nach Castros Triumph über Batista fand Kennedy warme Worte für den siegreichen Revolutionär. »Fidel Castro ist einer der Nachfahren Bolivars, der seine Männer mit dem Schwur >Krieg bis zum Tod< gegen die spanisehe Herrschaft über die Anden führte …«, erklärte er.59 Der junge Senator kritisierte die Eisenhower-Regierung, Castro »in der Stunde seines Triumphs«, als er 1959 Washington besuchte, nicht freundlicher begrüßt zu haben.

Doch im Präsidentschaftswahlkampf bezog Kennedy, entschlossen, sich von Nixon nicht als Weichling hinstellen zu lassen, eine sogar noch militantere Position zu Kuba als der republikanische Kandidat. Castro habe »die Ideale der kubanischen Revolution verraten«, sein Regime sei »eine kommunistische Bedrohung, der erlaubt wurde, vor unserer Nase nur 150 Kilometer vor unserer Küste ihr Haupt zu erheben«.60 Kennedy ging so weit, ein entschlossenes Vorgehen der Vereinigten Staaten zu fordern, um diese Bedrohung zu beseitigen. Seine militante Wahlkampfrhetorik provozierte eine hitzige Reaktion Castros, der Kennedy in seiner epischen UNO-Rede ein »ungebildetes, ignorantes Millionärssöhnchen« nannte, dem es an Verständnis für Kubas Misere fehle.

In Wahrheit war Kennedy sich der kolonialen Geschichte Kubas höchst bewusst und ein entschiedener Kritiker der Ausplünderung des Landes durch amerikanische Geschäftsinteressen. In derselben Wahlkampfrede, in der er Castro als einen »gefährlichen Feind auf unserer Türschwelle« bezeichnete, geißelte Kennedy die Ausbeutung Kubas durch amerikanische Unternehmen und die politische Beherrschung der Insel durch Washington in erstaunlich unverblümten Worten. Er verurteilte die schändliche Washingtoner Praxis, »in ganz Lateinamerika Diktatoren zu stützen«, darunter den »blutrünstigen und repressiven« Batista.

Kennedys Wahlkampfrhetorik zu Kuba offenbarte einen Mann, der mühsam darum rang, sich eine für ihn selbst – und sein Land – richtige Position zu den revolutionären Erschütterungen rund um die Welt zu erarbeiten. Er wollte in Bezug auf die kommunistische Ausbeutung dieser nationalen Befreiungsbewegungen nicht naiv erscheinen. Aber noch mehr sorgte er sich, dass die Vereinigten Staaten auf der richtigen Seite der Geschichte standen, indem sie die Hoffnungen der Völker Lateinamerikas, Afrikas und Asiens, die ihre kolonialen Fesseln abwarfen, unterstützten.

An jenem frischen Herbsttag auf der Plattform vor dem Hotel Theresa, wo sich eine eindrucksvolle Schar von demokratischen Würdenträgern eingefunden hatte, um Kennedy den Rücken zu stärken, darunter Eleanor Roosevelt und der Kongressabgeordnete Powell, klang der Präsidentschaftsbewerber eher wie ein Unterstützer im Kielwasser des bärtigen Revolutionärs als sein Feind.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.